13.10.2023
In den nächsten zehn Jahren braucht es Schulhäuser für rund 3000 zusätzliche Schulklassen. Diese werden vorzugsweise mit regionalem Holz erstellt. Ein gutes Beispiel dafür entstand in Prêles auf dem Plateau de Diesse oberhalb des Bielersees. Am 22. September wurde die neue Schulanlage offiziell eröffnet.
© Bilder: Da Campo Luca, Photographe, Lausanne
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Die Geburtenzahlen steigen, die Schulkinder brauchen mehr Fläche. In den nächsten zehn Jahren braucht es Schulräume für rund 3000 zusätzliche Klassen, schreibt die NZZ am Sonntag am 26. Juni 2022. Würden all diese 3000 zusätzlichen Räume in neuen Gebäuden erstellt, ergäbe das einen Bedarf von rund 200 neuen Oberstufen- und Primarschulhäusern sowie 250 neuen Kindergärten. Theoretisch müsste also beinahe eine neue Schuleinheit pro Woche entstehen.
Idealerweise in Holzbauten
Es macht Sinn diesen riesigen Bedarf an neuen Schulzimmern in Holzbauten zu realisieren. Holzbauten sind dank kurzer Montagezeiten schnell fertig gestellt. Die Bauteile können millimetergenau und witterungsgeschützt im Werk vorgefertigt, auf die Baustelle transportiert und dort zügig montiert werden. Dabei ist auch die Wirtschaftlichkeit gewährleistet: Dank tieferen Heiz-, Unterhalts- und Rückbaukosten sind Holzbauten über den gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes meist günstiger als Massivbauten, trotz den teilweise höheren Bau- und Planungskosten.
Holzbauten als CO₂-Senken
Holzbauten sind klimaschonend, da Holz ein natürlich nachwachsender Rohstoff ist, der für seine Herstellung nur Sonnenenergie und Wasser benötigt. Mit der Photosynthese entziehen Bäume der Atmosphäre CO₂, wandeln dieses um und speichern den Kohlenstoff im Holz. So werden Holzbauten CO₂-Senken, zur sogenannten Negativemissionstechnologie NET, auf die wir laut Bundesamt für Umwelt künftig nicht mehr verzichten können. Das Bundesamt für Umwelt publizierte dazu kürzlich eine spannende Broschüre (Link).
Auch die Ernte und die Verarbeitung sind energiesparend. Ein Holzbau, der mit Holz aus der nächstgelegenen Umgebung errichtet wird, ist natürlich besonders umweltfreundlich. Die neue Schule in Prêles ist ein gutes Beispiel dafür. Die Bäume stammen aus den umliegenden Wäldern des Plateau de Diesse, südlich des Chasseral, und wurden zur Verarbeitung nur wenige Kilometer weit transportiert. Dadurch wird die in den Bauelementen enthaltene graue Energie stark minimiert.
Nach der Ernte im Winter 2020/21 lieferten die Forstunternehmen das Holz an die Firma Despond SA in Bulles zur Herstellung von Lamellen, die anschliessend zu JPF-Ducret geliefert und dort verleimt wurden. Ein Teil des Holzes wurde auch zu Schilliger Holz AG für die Herstellung von Dreischichtplatten transportiert, dem einzigen Schweizer Unternehmen, das diese Art von Produkten derzeit herstellt.
Der Weg zum eigenen Holz
Die Verwendung von Holz aus der Region ist bei privat finanzierten Bauprojekten problemlos möglich. Bei grösseren, öffentlichen Bauprojekten ist die Lage etwas komplizierter: Gemäss Bundesgesetz über das öffentliche Beschaffungswesen (BöB) werden je nach Auftragswert verschiedene Verfahrensarten vorgeschrieben. Bauprojekte, die den Schwellenwert von 9,575 Mio. Franken überschreiten, müssen öffentlich ausgeschrieben werden. Gleiches gilt für die Leistungen des Bauhauptgewerbes (Bsp. Zimmerarbeiten) oder einzelne Lieferungen (Bsp. Einschnitt des Rundholzes), wenn sie den Schwellenwert von 500’000 Franken bzw. 250’000 Franken überschreiten. Neubauprojekte, wie zum Beispiel Schulhäuser, müssen somit meist ausgeschrieben werden. Nach dem Grundsatz der Nichtdiskriminierung im BöB, darf hinsichtlich der Materialherkunft keine Forderung gestellt werden. Nur regionales Holz zu fordern ist somit leider nicht zulässig. Es darf auch nicht verlangt werden, dass das Holz aus einem bestimmten Umkreis des Baus stammt, was ökologisch gesehen natürlich sehr sinnvoll wäre. Und so darf der Unternehmer, der den Zuschlag erhält, entscheiden, woher das Holz stammt, das er verwenden will. Oftmals wird eine günstige Lösung gewählt, und diese ist meistens nicht die regionale Alternative.
Es gibt aber Möglichkeiten, wie trotz Ausschreibung, Holz aus der Umgebung verwendet werden kann: Die Bereitstellung des Holzes durch die Bauherrschaft selber, die sogenannte inhouse-Beschaffung, ist eine davon. Gemeinden, wie die gemischte Gemeinde Plateau de Diesse, die selber über Rohstoffe verfügen, dürfen diese zur Verfügung stellen und dies in der Ausschreibung so definieren. Besonders interessant ist auch, dass der Verarbeitungsgrad der Produkte freigestellt ist. Das bedeutet, es können ganze Stämme, Schnittholz oder auch verleimte Produkte bereitgestellt werden.
Zwei Möglichkeiten der inhouse-Beschaffung
Es gibt grundsätzlich zwei verschiedene Arten der inhouse-Beschaffung. Bei der direkten Nutzung ist sichergestellt, dass das in den eigenen Wäldern geschlagene Holz auch tatsächlich für ein bestimmtes Bauprojekt genutzt wird. Jeder gefällte Baum wird für eine bestimmte Verwendung geplant und die Rückverfolgbarkeit ist jederzeit gewährleistet.
Bei der indirekten Nutzung wird gleich viel Holz geschlagen, wie für ein bestimmtes Bauprojekt verwendet wird. Dieses Prinzip ermöglicht einem Waldbesitzer, seine eigenen Ressourcen zu nutzen. Das Holz wird nicht direkt für den bestimmten Bau verwendet, aber die gleichen Holzmengen werden auf dem Schweizer Markt gehandelt.
Direkte Nutzung für das Schulhaus in Prêles
Für die Schule in Prêles wurde die direkte Nutzung des eigenen Holzes gewählt. Die Fichten, die einst auf dem Plateau de Diesse wuchsen, sind heute Stützen, Träger, Wände und Decken der neuen Schule. Fichtenholz wächst schnell und hat gute Holzeigenschaften für den Bau von Gebäuden. An ausgewählten Stellen wird auch Buchenholz eingesetzt. Zum Beispiel als Träger der 13 Tonnen schweren Treppe mitten im Schulhaus. Sie wurde als Fertigbetonteil auf die Baustelle geliefert und auf die Buchenträger montiert.
Für den Planungsprozess ist ausschlaggebend, dass der Entscheid für die direkte Nutzung des eigenen Holzes bereits früh getroffen wird. Holz kann nur im Winter geschlagen werden, demnach müssen Planer und Bauherr schon im Herbst wissen, welche Bäume für das Projekt gebraucht werden. Zumindest eine grobe Planung der Querschnitte, inklusive Reserven und der ungefähre Anteil an Laub- und Nadelholz, ist zu diesem Zeitpunkt unabdingbar.
Ein gutes Raumklima
Die neue Schule kombiniert die Holzmassiv- und die Rahmenbauweise geschickt: Alle Geschossdecken und ein Teil der Innenwände für die Gebäudeaussteifung sind in Holzmassivbauweise aus Brettschichtholz erstellt. Die restlichen Innenwände sind nicht tragende Rahmenbauten. Die warmen Oberflächen von Holzwänden und -decken, sowie der ständige Austausch des Holzes mit der Luftfeuchtigkeit ergeben ein gutes Raumklima. Gut gedämmte Wände sind wichtig: Denn, je kleiner die Differenz zwischen der Oberflächentemperatur der Wände, Böden und Decken zur Lufttemperatur ist, desto behaglicher ist es in einem Raum. Darum fühlen wir uns in Holzgebäuden mit guter Wärmedämmung wohl – auch bei etwas tieferer Raumtemperatur. So können Gebäude energiesparsamer betrieben werden. Zudem hat Holz eine gefühlt höhere Oberflächentemperatur als Beton, Stahl oder Glas, was das Wohlbefinden zusätzlich steigert.
Filmprojekt
Dass Bildungsbauten heute kompromisslos in Holz erstellt werden können, zeigt dieses Projekt auf eindrückliche Art und Weise. «Vom Baum zum Schulhaus», lautet der Arbeitstitel nach welchem eine Reportage zu diesem Projekt entstanden ist. Der Film zeigt den Ablauf vom Auswahl der Bäume im Gemeindewald, das Schlagen und Abtransportieren über die industrielle Verarbeitung und Fabrikation, die Holzbauarbeiten auf der Baustelle bis zur Erstellung des fertigen Gebäudes.
Beteiligte Schulhaus Prêles
Architektur: riforma architectures sa, https://www.riforma.archi/
Holzbauingenieur: Timbatec AG in Delémont https://www.timbatec.com/chde/index.php
Holzbau: Charpentes VIAL SA https://www.vialcharpentes.ch/fr
Brettsperrholz: Schilliger Holz AG https://www.schilliger.ch
Verleimung von Brettschichtholz: JPF-Ducret in Orges
Sägerei: Despond SA Scierie, Bulles https://www.despond.ch/fr/